„Die Baustoffindustrie konnte 2016 mit einem Umsatzwachstum von 1,11% auf EUR 3,42 Mrd. ein leichtes Plus verzeichnen. Das Wachstum wurde vor allem vom Wohnbauboom in den Ballungsräumen sowie von einzelnen großen Infrastrukturprojekten getragen. Die Entwicklung in den ländlichen Regionen ist eher besorgniserregend.
Die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern in der Baustoffbranche wird immer größer, die Beschäftigtenzahl ging um 1,70% auf knapp unter 14.000 zurück“, zieht Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Stein- und keramischen Industrie, ein gemischtes Resümee aus der alljährlichen Konjunkturerhebung unter den über 300 Mitgliedsbetrieben.
Gewinner im Hochbau
Diese offenbart auch klare Gewinner und Verlierer bei der Umsatzentwicklung 2016. Die größten Umsatzsteigerungen erzielten die Ziegel- und –fertigteilindustrie (+5,20%) und die Beton- und –fertigteilindustrie (+3,96%). Auch die anderen „Hochbau-affinen“ Teilbranchen, wie die Zementindustrie (+3,32%) oder die Transportbetonindustrie (+3,22%), konnten im Jahresvergleich zulegen.
Verlierer: Naturwerksteinindustrie, Schüttgut und Putz-Mörtel
Die anhaltende Flaute bei regionalen Investitionen sowie die schleppende Sanierungstätigkeit und fehlende Pflasterbefestigungsflächen verursachten im Jahr 2016 auch ebenso eindeutige Verlierer. Das größte Umsatzminus verzeichnete die Naturwerksteinindustrie mit -13,92%. Die Schüttgüter Sand-Kies und Schotter waren im Straßenbau stark fallend, konnten aber als Zuschlagsstoffe im Hochbau die Verluste kompensieren (Schotterindustrie: -0,34%, Sand- und Kiesindustrie: +0,70%). Ebenfalls Rückgänge hinnehmen mussten die Feinkeramische Industrie (-5,80%) und die Putz- und Mörtelindustrie (-1,36%).
Flexiblere Arbeitszeitmodelle in der Baustoffbranche entscheidend
Da aufgrund der engen Budgetsituation gerade bei den Gemeinden keine großen Investitionsschübe zu erwarten sind, müssen andere Möglichkeiten das unternehmerische Agieren erleichtern und damit letztlich Arbeitsplätze absichern. Für den Obmann des Fachverbandes Steine-Keramik, Manfred Asamer, sind dabei flexiblere Arbeitsmodelle ein zentrales Thema.
„Flexible Arbeitszeitmodelle sind bei uns schlichtweg eine Notwendigkeit, weil die Bautätigkeit eine Lieferbereitschaft nach dem ‚just in time‘-Prinzip erfordert“, erklärt Asamer und führt einen bildlichen Vergleich an: „Unser Beton hält sich nicht an die Arbeitszeitregelungen. Er wird hart, wenn er hart wird und muss sofort verarbeitet werden. Wenn es regnet, dauert es länger.“ Zur Flexibilisierung, aber nicht als Regelfall, soll es die Möglichkeit geben, die Höchst- und Normalarbeitszeit im Bedarfsfall auf zwölf Stunden auszuweiten. Dies würde eine den Anforderungen der Bauwirtschaft angepasste flexiblere Produktion und Lieferung von Roh- und Baustoffen ermöglichen. Zur praktikablen Anwendung müssen eine Jahresdurchrechnung sowie eine genaue Ausgestaltung auf Kollektivvertrags-, Betriebsvereinbarungs- oder Einzelvertragsebene möglich sein.
Umweltpolitik muss Wirtschaftsstandort im Blickfeld behalten
„Die immer weiteren Verschärfungen in der Umwelt- und Klimapolitik zeigen, wie realitätsfern mittlerweile vorgegangen wird. Gerade wir als Vorreiterland in punkto Umweltstandards können kaum noch Effizienzpotentiale nützen. Um z.B. beim Emissionshandel noch mitzukommen, müssten wir schon die physikalischen Naturgesetze außer Kraft zu setzen. Das schaffen nicht einmal unsere innovativsten Unternehmen. Wenn Zement gebrannt wird, entsteht nun einmal CO2“, fordert Rudolf Zrost, Vorsitzender der Berufsgruppe Zement im Fachverband, mehr Realitätssinn bei ökologischen Zielvorgaben ein.
Von größter Bedeutung werden für die Unternehmen der Stein- und keramischen Industrie dabei die Vorschläge zur Revision der EU-Energieeffizienz-Richtlinie. Das bisherige indikative EU-Ziel von 27% soll auf mindestens 30% bis 2030 angehoben werden und zudem soll es eine Verbindlichkeit geben. Das Ziel soll durch jährliche Einsparungsvorgaben von 1,5% erfolgen.
„Wenn es den politischen Entscheidungsträgern mit der Re-Industrialisierung und dem Wirtschaftsstandort ernst ist, müssen die Zieldimensionen Leistbarkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit gleichrangig behandelt werden“, so Zrost. Dies gilt für die europäische Ebene gleichermaßen wie für die nationale, wo gerade an der Energie- und Klimastrategie gearbeitet wird.
Vorsichtiger Ausblick auf 2017
Mit einem weiter starken Wohnbau in den Ballungsräumen rechnet der Fachverband der Stein- und keramischen Industrie auch im Jahr 2017. Große Fragezeichen sind jedoch die Entwicklung bei der Sanierung sowie der Infrastrukturbereich. „Viel wird in den kommenden Monaten und Jahren daran liegen, ob flexiblere Arbeitszeiten möglich sein werden und wir zu einer wirtschaftsverträglichen Umwelt- und Energiepolitik zurückkehren“, meint Fachverbandsobmann Manfred Asamer abschließend.
Rückfragen:
DI Dr. Andreas Pfeiler
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